Wissenschaftler sagen: „Die Freizeitfischerei wurde zu lange ignoriert“
„Der Einfluss und die enorme Bedeutung der Freizeitfischerei wurde zu
lange ignoriert“ sagt ein internationales Forschungsteam von
Fischereiwissenschaftlern, Ökonomen, Soziologen und Ökologen um Robert
Arlinghaus vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei
(IGB) in einem Reformpapier.
Laut der Veröffentlichung gibt es weltweit etwa fünf Mal mehr
Freizeitfischer als Berufsfischer. Bisher berücksichtigt die
internationale Fischerei- und Gewässerschutzpolitik die Bedürfnisse und
Eigenheiten dieser 220 Millionen Angler kaum. Das führt zu
Nutzungskonflikten und wird dem Management von Fischbeständen nicht
gerecht.
Jede zehnte Person in Industrienationen angelt während der Freizeit
In der öffentlichen und politischen Wahrnehmung wird die soziale,
wirtschaftliche und ökologische Bedeutung der hobbymäßig ausgeübten
Angelfischerei im Vergleich zur kommerziellen Fangfischerei stark
unterschätzt. Dabei übersteigen die von der Freizeitfischerei abhängigen
Arbeitsplätze in vielen Regionen die volkswirtschaftliche Bedeutung der
Erwerbsfischerei. Jede zehnte Person in Industrienationen angelt
während der Freizeit. Das sind rund 220 Millionen Menschen weltweit – in
Deutschland rund vier Millionen Angler, deren Ausgaben etwa 52.000
Arbeitsplätze stützen.
Hauptnutzer von Wildfischbeständen
Zwar entnimmt die kommerzielle Fischerei den Gewässern etwa acht
Mal mehr Fisch als die Freizetifischerei. In den Binnengewässern der
gemäßigten Breiten sind Freizeitangler jedoch mittlerweile die
Hauptnutzer von Wildfischbeständen. Auch in der Küsten- und
Meeresfischerei steigt die Bedeutung der Angelfischerei kontinuierlich.
Trotz alledem orientiert sich die Bewirtschaftung der Gewässer und ihrer
Fischbestände überwiegend an den Bedürfnissen von Berufsfischern oder
vom Naturschutz. Dies kann zu Konflikten führen, wie aktuelle Beispiele
beim Ostseedorsch oder dem Red Snapper im Golf von Mexico zeigen.
Fünf-Punkte-Plan
Die Wissenschaftler haben nun einen Fünf-Punkte-Plan zur
Integration der Freizeitfischerei in eine nachhaltige Fischerei- und
Gewässerschutzpolitik vorgelegt:
1. Angelfischereiliche Ziele explizit in die Gewässerbewirtschaftung integrieren
2. Anglerorganisationen bilden und in die Bewirtschaftung einbinden
3. Variable Bewirtschaftungsansätze zulassen und lokal umsetzen
4. Die richtigen Instrumente einsetzen
5. Das Monitoring verbessern
„Die fünf Schritte zur Politikreform fordern Politik,
Verwaltung, Wissenschaft und Interessensvertretungen zu einem proaktiven
Umgang mit der Angelfischerei auf. Angler sollten gleichberechtigt zu
anderen Naturnutzungen und -ansprüchen behandelt werden. Nur so lassen
sich die ständig steigenden Konflikte mit anderen Ansprüchen an die
Gewässer und Fischbestände adressieren. Es gilt die Fischerei und die
Natur als Ganzes in guter Qualität zu bewahren, das geht nur durch Mit-
statt Gegeneinander“
Robert Arlinghaus
Der DAFV begrüßt diese längst überfälligen Reformvorschläge. Im
Rahmen der European Anglers Alliance (EAA) setzt sich der DAFV schon
seit vielen Jahren für eine gleichberechtigte Anerkennung der
Freizeitfischerei in der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) der EU ein.
Angler werden seit Jahren reguliert, haben aber kein gleichberechtigtes
Mitspracherecht. Das aktuelle Veröffentlichung unterstützt die
Abschaffung dieser ungerechtfertigten Praxis.
Dieser Artikel wurde von www.dafv.de bereitgestellt.
Mit freundlichen Grüßen
Der Vorstand